“Jeder macht mal Fehler” – in der anspruchsvollen und präzise arbeitenden Medizintechnikbranche gilt diese Redewendung nicht. Fehler bei der Produktion von medizinischem Material beeinträchtigen im schlimmsten Fall die Patientensicherheit. Deshalb ist es essenziell, den Herstellungsprozess von empfindlichen Medizinprodukten wie Insulinpens genauestens zu überwachen – und schlechte Teile prompt und zuverlässig auszusortieren. Diese Aufgabe übernehmen hochsensible Sensoren, die mit einem umfassenden Überwachungssystem verbunden sind.
Diabetiker, die eine Insulintherapie brauchen, wissen sehr gut, dass die richtige Dosis entscheidend für den Behandlungserfolg ist. Große Dosierungsfehler können im schlimmsten Fall lebensbedrohlich sein und selbst kleine schädigen auf Dauer die Blutgefäße. Weltweit nutzen rund 425 Millionen Menschen regelmäßig Insulinpens – mit steigender Tendenz. Im Vergleich zu Spritzen profitieren sie damit von der einfachen und sicheren Handhabung und einem sanfteren Piekser. Was für die Patienten unkompliziert ist, ist in der Herstellung jedoch sehr komplex. So müssen rund ein Dutzend unterschiedliche Kunststoffteile und zwei Metallfedern optimal zusammenspielen. Zudem dürfen die verschiedenen Kunststoffbestandteile jeweils nur minimal von der Idealform abweichen. Eine weitere Herausforderung ist der Auslösemechanismus, der zusammen mit der Insulinkapsel bei jeder Benutzung präzise funktionieren muss.
Wie viele andere Medizinprodukte aus Kunststoff – etwa Pipettenspitzen, Spritzen und Kanülen – werden die Kunststoffteile des Insulinpens im Spritzgießverfahren hergestellt. Um den hohen Anforderungen an Genauigkeit und Qualität zu genügen, nutzen viele Hersteller dazu Sensoren sowie ein Prozessüberwachungssystem der Kistler Gruppe. Die beim Spritzgießen eingesetzten Sensoren sind Drucksensoren, das heißt, sie messen den Werkzeuginnendruck an definierten Prozessschritten, etwa wenn der verflüssigte Kunststoff in die Form eingespritzt oder wenn er komprimiert wird. Stimmt der dabei jeweils angewendete Druck mit den erwarteten Werten überein, so wird der Kunststoff korrekt ausgehärtet. Die Sensoren liefern alle Messwerte sofort an das Prozessüberwachungssystem, das diese automatisch mit den Sollwerten abgleicht. Damit kann das System verdächtige Druckabweichungen bereits während der Herstellung identifizieren. Erkennt es einen Fehler, der beispielsweise zu eingeschlossenen Luftbläschen oder Wölbungen des Kunststoffs führt, überträgt es ein NIO-Signal (Nicht in Ordnung) an die Maschine. Die Maschine sortiert die qualitativ minderwertigen Teile dann sofort aus.
Auch für die anschließende Montage der vielen Einzelteile zum voll funktionstüchtigen Insulinpen braucht man sensible Sensoren für Kraft und Drehmoment. Sie messen präzise die jeweilige Kraft, mit der ein Teil auf ein anderes aufgesetzt wird. Wie beim Spritzgießen werden die Daten sofort an das zugehörige Prozessüberwachungssystem weitergeleitet und mit den Sollwerten abgeglichen. Etwa um sicherzustellen, dass die Kappen des Pens richtig halten und einrasten. Oder um zu prüfen, ob die Feder des Auslösemechanismus richtig vorgespannt ist – damit später in der Anwendung die korrekte Dosis Insulin freigesetzt wird.
Die lückenlose Prozessüberwachung in der Spritzgießfertigung der Kunststoffteile sowie beim Zusammenfügen dieser Teile zu einer größeren Baugruppe oder dem Endprodukt sorgt dafür, dass sich Anwender hundertprozentig auf die Produkte verlassen können – ob bei der Insulinbehandlung, Infusion, Blutentnahme oder bei Labortests.