5G ist das Werkzeug, das die anderen Trends erst ermöglicht
Elektromobilität, Internet of Things (IoT), Big Data, Automatisierung, künstliche Intelligenz, Autonomes Fahren und 5G. Welches ist im Moment Ihr „Lieblingstrend“?
Grundsätzlich beeinflussen sich viele dieser Trends gegenseitig und haben auch viele Schnittstellen untereinander. Für mich als Berufspendler ist zum Beispiel das Thema „Autonomes Fahren“ von größtem Interesse. Während einer Fahrt verbringe ich viel Zeit „nutzlos“ im Auto, die ich sinnvoller nutzen könnte, wenn das Auto selber fahren würde.
Welcher Megatrend hat Ihrer Meinung nach am meisten Potential, die Welt nachhaltig zu verändern?
Das Thema Mobilität und auch viele der anderen Megatrends muss man ganzheitlich betrachten. Ein wesentlicher Punkt ist dabei die erforderliche IT-Infrastruktur, besonders der Bereich der Datenübertragung. Wenn ich meine Prozesse in Echtzeit steuern und regeln möchte, werde ich am Ende des Tages schnellere Übertragungsgeschwindigkeiten benötigen, als es 5G aktuell liefern kann. Erst wenn die Datenübertragung irgendwann im Terahertzbereich vonstattengeht, wird man auch die anderen Megatrends bedienen können. Daher ist 5G für die Datenübertragung ein wesentlicher Punkt.
Denken Sie, dass 5G der Trend ist, der auf alle anderen Megatrends die größte Auswirkung haben wird?
Ja, denn ich werde 5G brauchen, um KI-Methoden, Big Data und IoT umzusetzen. Das kann zwar alles stationär ausgewertet werden, aber interessant ist doch der mobile Bereich wie autonomes Fahren oder Drohnen. Dann muss ich irgendwann dahin kommen, dass die Geräte in Echtzeit miteinander kommunizieren. Daher ist 5G das Werkzeug, welches die weiteren Trends erst ermöglicht. Aber auch Big Data ist ein Thema, das von höchstem Interesse ist: ich muss die Daten irgendwie sammeln, um zum Beispiel KI-Methoden anwenden zu können. Aber das alles kann ich nicht in Echtzeit umsetzen, wenn ich keine ausreichend schnelle Datenübertragung generieren kann.
Wo sehen Sie die größten Gefahren, die mit diesem Trend einhergehen?
Die größte Herausforderung in diesem Bereich ist das Thema Datensicherheit, also Datenmissbrauch und die schadhafte Manipulation von Prozessen. Wenn ich alles in Echtzeit digital mache und vernetze – jeder kommuniziert mit jedem – brauche ich offene Netze, Schnittstellen und Protokolle. Das eröffnet natürlich am Ende des Tages auch wieder die Möglichkeit, manipulativ einzugreifen.
Ist das auch ein Thema, worauf Sie bei Ihnen an der Universität besonders Wert legen?
Die Universität muss natürlich an diesen Fragestellungen mitarbeiten und Wissen auf diesem Gebiet generieren. Da ist die Universität Paderborn exzellent aufgestellt: Wir haben verschiedene Schwerpunkte in diesem Bereich, vor allem auch auf den Gebieten Optoelektronik, Photonik und intelligente technische Systeme. Wir verfügen über umfassendes Know-how, um die grundlegenden Fragestellungen beantworten zu können. Die Universität muss sich da ganz klar in diesem Bereich positionieren, denn Datensicherheit ist natürlich auch ein gesellschaftlich getriebenes Thema.
Wird dies auch von Ihren Industriekunden verlangt?
Selbstverständlich ist das ein wichtiges Thema für die Industrie und wird dementsprechend auch gepusht. Sieht man sich die gesamte Automobilindustrie und die Entwicklung in diesem Bereich an, dann ist da viel Bewegung im Markt. Hier sind autonomes Fahren und Elektrifizierung der Antriebe ein Kernthema. Das spiegelt sich dann natürlich 1:1 auch zu uns zurück. Wir als Hochschule beantworten normalerweise mehr grundlegendere Fragestellungen wertneutral und generieren entsprechend Wissen. Aber natürlich kommen die Anforderungen und der Input auch aus der Industrie und müssen daher wirtschaftliche Aspekte erfüllen.
Sie beschäftigen sich täglich mit Sensorik und Signalkonditionierung. Was sind für Sie die größten Herausforderungen bezüglich Messtechnik in Ihrem Arbeitsalltag?
Hier an der Hochschule sind wir nicht in einem Industriebetrieb. Das heißt, dass ich hier viel mit Studierenden und wissenschaftlichen Mitarbeitern zusammenarbeite. Diese sind nur temporär über Zeitverträge beschäftigt und verlassen die Hochschule dann nach der Promotion wieder. Das heißt, man hat ständig wechselndes Fachpersonal, das man immer wieder neu anleiten und anlernen muss. Der Schulungsaufwand für die bei uns zum Einsatz kommende Messtechnik muss deshalb möglichst gering sein. Aus diesem Grund sollte sie intuitiv bedienbar und robust sein. Hinzu kommt die Vielfalt an unterschiedlicher Messtechnik, die wir im Einsatz haben. In unseren Einrichtungen sind viele Fachbereiche mit unterschiedlichen Forschungsschwerpunkten aktiv. An unserem Lehrstuhl zum Beispiel haben wir von quasistatischen Auslegungen bis hin zum Crash sämtliche Aspekte abgedeckt, das heißt von der einfachen DMS-Kraftmessdose bis zum superschnellen Rekorder ist alles im Einsatz. Das ist schon eine sehr große Spanne, die man überblicken muss.
Wie gehen Sie mit der Verwaltung der enormen Menge an Messdaten um?
Das ist natürlich auch ein wichtiger Punkt. Für die Zukunft würde ich mir für unseren Laborbetrieb ein voll vernetztes „Prüffeld 4.0“ wünschen. Das heißt, dass meine Messdaten von der Maschine direkt in die Cloud übertragen werden. Dadurch kann ich dann jederzeit auf alle Messdaten in Echtzeit zugreifen und mir anschauen, wie sich Sachen im Test verhalten. Und dann sind wir beim Thema Big Data: Wir machen zum Beispiel 100 bis 200 Zugversuche in der Woche. Diese produzieren eine große Menge an Daten, die schwer zu überblicken ist. Nur mit Hilfe von innovativen Algorithmen bin ich in der Lage, neue Abhängigkeiten und Zusammenhänge zu erkennen. Aus diesem Grund ist eine sinnvolle Verwaltung der Daten sehr wichtig, um mit ihnen auch arbeiten zu können.
Welche weiteren Herausforderungen gibt es für die Messtechnik in der Zukunft?
Da kommt mir vor allem die ganze Regelung und Steuerung in Echtzeit in den Sinn. Es ist eine große Herausforderung, Sensoren in hochkomplexe Messsysteme zu integrieren und Messdaten mit höchsten Datenübertragungsraten an ein übergeordnetes System weiterzugeben. Ein Lösungsansatz dafür wäre eine Kombination von Sensorik und Aktuatorik, also eine Integration von dezentralen kleinen Recheneinheiten. Dadurch wäre ich in der Lage, mit intelligenten Regelalgorithmen meine Komponenten zu überwachen sowie gleichzeitig auch zu steuern und zu regeln.
Sie arbeiten auch mit Produkten von Kistler in Ihrem Labor. Welche Produkte setzen Sie ein?
Seit über zehn Jahren arbeiten wir mit Kraftsensoren, Kraftaufnehmern und Ladungsverstärkern von Kistler. Besonders im Bereich Crashtest vertrauen wir auf die Produkte aus Ihrem Hause. Wir sind sehr zufrieden, auch mit dem Service. Darum kaufen wir immer wieder gerne bei Ihnen ein.
Welches Messtechnik-Produkt würden Sie sich wünschen, wenn Sie einen Wunsch frei hätten? Was würde Ihre Arbeit erleichtern?
Was uns die Arbeit enorm erleichtern würde, ist ein ganzheitliches Datenmanagementsystem, bei dem während dem Messbetrieb alle Daten in Echtzeit in die Cloud einspielt und verwaltet werden. Anschließend sollen dort Analysen und Auswertungen betrieben werden können. Das konnten wir hier bisher leider noch nicht etablieren. Momentan müssen unsere wissenschaftlichen Mitarbeitenden ihre Daten dezentral speichern und sie dann manuell in eine Datenbank eintragen. Das kann man mit Sicherheit optimieren. Kistler hat ja einen neuen Controller im Sortiment, der unter anderem die Messunsicherheit gleich mitberechnet. Das wäre für uns sehr interessant. Ideal wäre auch ein Messgerät, dass ich nicht mit einer Vielzahl an Zusatzkarten erweitern muss, sondern in dem alles integriert ist. Am besten komplett drahtlos über Funk, ohne dass irgendwelche Messkabel gezogen werden müssen.