Mit Kraftmessplatten von Kistler wird in Shanghai der Stabhochsprung erforscht


Gemeinsam mit Kollegen und Studierenden untersucht Prof. Liu Yu in Shanghai den Stabhochsprung und die Leistung von Spitzensportlern. Unterstützt wird das Team dabei von Kraftmessplatten von Kistler ‒ darunter eine Neuentwicklung für den Einstichkasten ‒, die entscheidende biomechanische Daten des komplexen Bewegungsablaufs liefern.

Stabhochsprung nimmt auch innerhalb der Leichtathletik eine Sonderstellung ein. In weniger als einer Minute muss der Sportler eine technisch schwierige Abfolge aus verschiedenen Bewegungsabläufen meistern: Anlauf mit dem Stab, Einstechen, Hochdrücken, dann die Drehung mit dem Überqueren der Latte und zuletzt die sichere Landung. Für die Athleten bedeutet das nicht nur hohe Anforderungen in Bezug auf die rein physische Leistungsfähigkeit, sondern erfordert ‒ gerade aus Trainersicht ‒ ein volles Verständnis der Dynamik des Bewegungsablaufs.

Seit 2018 hat das Sports Performance Research Center (SPRC) der Shanghai University of Sport (SUS) in mehreren Projekten mit Hochleistungssportlern aus China und dem Ausland die gesamte Bandbreite der Bewegungen beim Stabhochsprung analysiert und aufbereitet. Entscheidend zum Verständnis der plötzlichen Kraftveränderungen beigetragen haben ‒ dank ihrer großen Genauigkeit beim Vermessen dynamischer Abläufe und der einfachen Installation ‒ die biomechanischen Kraftmessplatten von Kistler.

Grundlagenforschung und Eliteförderung im Sport

Gegründet vor fast 70 Jahren, ist die SUS eine der ältesten höheren Ausbildungsstätten für Sport in China. 2003 kam das SPRC hinzu und wurde dank staatlicher und kommunaler Mittel mit einer erstklassigen Halle inklusive biomechanischer Ausrüstung ausgestattet. Geforscht wird hauptsächlich in drei Bereichen: zum Ersten die wettbewerbsorientierte Biomechanik für Top- und Nationalmannschaftsathleten ‒ und natürlich ihre Trainer ‒, um deren Leistungen und athletischen Fähigkeiten im Allgemeinen zu verbessern. Den zweiten Schwerpunkt bildet die biomechanisch informierte Zusammenarbeit mit Herstellern von Sportbekleidung wie Schuhen, Trikots und Schutzausrüstung, um Verletzungen von Athleten zu vermeiden und deren Leistung zu fördern. Der dritte Bereich ist der Innovationsforschung gewidmet, zum Beispiel im Bereich Neuropriming.

Das Stabhochsprung-Projekt am SPRC erfüllt einen doppelten Zweck: Einerseits werden Chinas beste Athleten auf die Leichtathletik-Saison im Vorfeld der Olympischen Spiele vorbereitet ‒ das Sportministerium hat hierfür die Initiative „Technologiegefördertes Olympia“ gestartet. Zweitens geht es darum, Grundlagenforschung in einer in China lange Zeit kaum untersuchten Sportart zu betreiben und dabei an den Erfolg ähnlicher Programme für Sprint, Schwimmen und Ballsportarten anzuknüpfen.

Genaue Erfassung der Kraftwirkungen im Bewegungsablauf

„Früher war es in der biomechanischen Forschung tatsächlich schwierig, eine so große Bandbreite von 3D-Bewegungen in ihrer Gesamtheit zu erfassen”, sagt Prof. Liu Yu, Dekan des Forschungsinstituts der SUS, nationaler Preisträger und Fellow der U.S. National Academy of Kinesiology. Als Leiter des Projekts betont er:

Das System von Kistler erlaubt uns die Erfassung der Bewegungen des Körperschwerpunkts und einzelner Körperteile, der resultierenden Winkel sowie von Länge, Frequenz und Geschwindigkeit des Anlaufs. Außerdem werden die Kräfte in den drei Raumrichtungen erfasst, insbesondere die auf den Boden wirkende Kraft bei den letzten drei Schritten des Sportlers und beim Einstich in den Kasten. Diese Informationen entgehen einem Trainer, der den Sportler nur mit dem bloßen Auge beobachtet.“
Prof. Liu Yu, Dekan des Forschungsinstituts der Shanghai University of Sport

 

Bei dieser Art Forschung hängt die Qualität von Daten und Modellen wesentlich von der genauen Bewegungserfassung und Kraftmessung in Echtzeit ab. Im SPRC setzte man deshalb von Beginn an auf führende Technologien für Kinematik und Biomechanik. Ende 2018 wurden drei Kraftmessplatten des Typs 9287C von Kistler zunächst in der Freiluftanlage getestet und die weitere Integration inklusive nötigen Einbauten für das Stabhochsprung-Projekt geplant. Auf diese Weise konnten Trainer und Studierende die Geräte bereits ausprobieren und sich mit ihnen vertraut machen, was Aufwand und Zeit für Tests deutlich verringerte.

Tatsächlich gelang es dann mit Unterstützung von Kistler, die drei Kraftmessplatten-Sets in nur einer halben Stunde in der vorgesehenen Laufbahn in der Halle zu installieren. Um jedoch möglichst genaue Daten zu den letzten drei Schritten eines Stabhochspringers zu bekommen, sollten die Kraftmessplatten vor jedem Test positionsgenau ausgerichtet werden. Das ließ sich dank der einfachen Installation der Geräte leicht bewerkstelligen, so dass die komplette Datenerfassung für drei Athleten innerhalb eines Tages abgeschlossen werden konnte.

Sportartspezifische Messlösung für den Einstichkasten

Zusätzlich dazu entwickelten die Ingenieure von Kistler eine Multikomponenten-Kraftmessbox speziell für Stabhochsprung-Anwendungen. Sie ist besonders robust ausgeführt und ersetzt den Einstichkasten sowohl funktionell als auch geometrisch exakt. Die integrierten piezoelektrischen Sensoren liefern eine genaue Kraftkurve ‒ vom Moment des Einstichs, wenn die Kraft kontinuierlich ansteigt, bis zur Lösung der im Stab durch Verformung aufgebauten Spannung und dem Kraftabfall beim schrittweisen Verlassen des Stabs durch den Sportler. In Bruchteilen von Sekunden ändern sich Richtung und Größe der Kraft drastisch ‒ adäquat zu erfassen nur mit einem Messinstrument, das über einen weiten Messbereich, eine hohe Eigenfrequenz und eine herausragende dynamische Sensibilität verfügt.

Als internationaler Experte für Biomechanik des Sports hebt Prof. Liu die große Bedeutung des Projekts hervor: „Die Kraftmessplatten von Kistler haben uns in Verbindung mit optischen Messsystemen ein vollständiges Bild der Kinematik und Dynamik des Athleten während des gesamten Ablaufs eines Stabhochsprungs vermittelt. Auf Basis der gewonnenen Daten können wir technische Analysen machen, Trainingsempfehlungen geben und ein genaues Bewegungs- und Leistungsmodell jedes Sportlers erstellen.“

Pole Vault facility at the Shanghai University of Sport, equipped with force plates from Kistler
View of the pole vault facility at the Research Center of the Shanghai University of Sport, equipped with force plates from Kistler and optical measurement solutions.

Basic research and development of elite athletes

SUS was founded nearly 70 years ago, making it one of China’s longest-established higher educational institutions specializing in sports. The SPRC was added to the university in 2003: its superb hall, including a range of biomechanical equipment, was built with the help of government and municipal funding. The center covers three main research areas. First, biomechanics in competitive sport, with the focus on top athletes and national team members (as well as their trainers, of course): the goal here is to improve performance and athletic abilities in general. The second key area involves collaboration with manufacturers of sports apparel such as footwear, shirts and protective equipment, so that biomechanical information can be exploited to prevent injuries and develop athletes' performance. And the SPRC's third area of interest is research into innovations in various fields: neuropriming is one example. 

The SPRC's pole vault project fulfills a dual purpose: on the one hand, China's best athletes are prepared for the next track and field season in the run-up to the Olympic Games, as part of the "Technology-empowered Olympics" initiative launched by the General Administration of Sport of China. The second objective is to study a sport that is chronically under-researched in China, following on from the success of similar programs for sprint, swimming, and ball sports.

Precisely capturing force actions in the movement sequence

"In earlier biomechanical research, it was actually quite difficult to capture such a wide range of 3D motions in their entirety,” according to Professor Liu Yu, Dean of the Research Institute at SUS, a national award-winner and Fellow of the U.S. National Academy of Kinesiology, who heads the project. He continues:

“Thanks to the system from Kistler, we can capture the movements of the body's center of gravity and also of individual parts of the body, as well as the resultant angles and the length, frequency, and speed of the run-up. What's more, the forces in all three spatial dimensions are measured – including, in particular, the force exerted by the athlete on the ground in his or her last three steps, and when the pole is planted in the box. This kind of information is not available to coaches who only observe athletes with the naked eye.”

Professor Liu Yu, Dean of the Research Institute at Shanghai University of Sport

In research of this sort, data and model quality is critically dependent on precise acquisition of movements and force measurement in real time. Knowing this, the SPRC decided to opt for leading kinematics and biomechanics technology right from the start of the project. Towards the end of 2018, initial tests with three 9287C force plates from Kistler were carried out in the open-air facility; plans were then drawn up for further integration, including the installation work needed for the pole vaulting project. This already allowed trainers and students to try out the equipment and get to know it, greatly reducing the amount of work and time needed to set up the tests.

With assistance from Kistler, it took only half an hour to install the three sets of force plates in the dedicated measurement track for the project in the hall. But to ensure that the data on each pole vaulter's last three steps was as accurate as possible, the force plates had to be aligned in exactly the right positions prior to every test. This was easily achieved thanks to the simple installation procedure for the equipment, so full data acquisition for three athletes was completed in just one day.

Custom measurement solution for the planting box

In addition, the Kistler engineers developed a multi-component force measuring box specifically intended for pole vaulting applications. The box features an exceptionally robust design, and it precisely replicates the function and geometry of the actual planting box. The integrated piezoelectric sensors supply an accurate force curve – from the moment when the pole touches the planting box, as the force increases continuously, until the tension built up in the pole due to deformation is released and the force then decreases as the athlete gradually lets go of the pole. There are extreme changes in the direction and magnitude of the force within fractions of a second – and these fluctuations can only be captured properly by a measuring instrument that has a wide measurement range, high natural frequency and outstanding dynamic sensitivity.

As an international expert on sports biomechanics, Professor Liu emphasizes the great importance of this project: "In conjunction with optical measurement systems, force plates from Kistler have given us a complete picture of the kinematics and dynamics of the athlete throughout the entire sequence of a pole vault. Based on the data we have obtained, we're able to carry out technical analyses, give training recommendations, and compile an accurate model of the movements and performance of each individual athlete."