Bis zu dreißigfache Standzeiten bei Schneidwerkzeugen möglich
Für die Entwicklung neuer Materialien, mit denen sich laut Teta die Standzeiten bei vergleichbarer Präzision um das bis zu 30-fache erhöhen ließen, wandte sich TUSA an das renommierte Politecnico di Milano im nahen Italien. „Bei Tests in der Industrie zeigte sich, dass sich mit Keramikwerkzeugen die Standzeiten ohne Weiteres vervielfachen lassen. Es gibt jedoch je nach Substrat enorme Schwankungen. Deshalb kamen wir auf die Idee, zusammen mit dem Politecnico verschiedene Keramikmischungen zu entwickeln und vor allem zu testen“, so Teta weiter.
An der Fakultät für Maschinenbau des Politecnico forscht Promotionsstudentin Giulia Giovanelli unter Leitung von Prof. Massimiliano Annoni und Prof. Nora Lecis gemeinsam mit dem Forscher Paolo Parenti an neuen Materialien und innovativen Schneidwerkzeugen. Dabei können sie auf Elektronenmikroskope, ultrapräzise Bearbeitungszentren und Spezialmaschinen für tribologische Untersuchungen zurückgreifen. „Der Versuchsaufbau für TUSA umfasst die Fräsbearbeitung einer Messingplatte mit einem Mikrowerkzeug. Wir testen drei verschiedene Keramikmaterialien mit zwei verschiedenen Sets von Schneidparametern“, erläutert Giovannelli. „Dabei hilft uns das neue Dynamometer MicroDyn von Kistler. Dank seiner sehr hohen Eigenfrequenz liefert es auch bei hohen Drehzahlen sehr genaue Werte bezüglich Kraft und Drehmoment in allen drei Raumrichtungen. Mit einem Algorithmus wird anschließend die Resultante über die drei Achsen ermittelt. Je niedriger dieser Wert ist, desto länger lebt – grob gesagt – das Schneidwerkzeug“, so Giovannelli weiter.
MicroDyn: Das kleinste Dynamometer der welt
'Wir testen drei verschiedene Keramikmaterialien mit zwei verschiedenen Sets von Schneidparametern. Dabei hilft uns das neue Dynamometer MicroDyn von Kistler. Dank seiner sehr hohen Eigenfrequenz liefert es auch bei hohen Drehzahlen sehr genaue Werte bezüglich Kraft und Drehmoment in allen drei Raumrichtungen.' Giulia Giovannelli, Doktorandin am Politecnico di Milano.
Mit Abmessungen von 30x30 mm ist das MicroDyn das kleinste Dynamometer der Welt. Die sehr hohe Eigenfrequenz von 15 kHZ in allen drei Achsen erlauben die präzise Messung hochdynamischer Kräfte bis 500 N sowie die Errechnung der resultierenden Drehmomente bis 50 Nm. Die Messung erfolgt direkt an den einzelnen Schneiden bei bis zu 120 000 U/min. Dabei sorgen die piezoelektrisch messenden Kristallringe für hohe Empfindlichkeit und eine sehr tiefe Ansprechschwelle. Sie sind außerdem so verbaut, dass Temperatureinflüsse weitgehend kompensiert werden.
Eindeutiges Testergebnis dank präziser Messungen
Wie sich bei den Untersuchungen am Politecnico herausstellte, zeigte eines der drei Materialien regelmäßig bessere Eigenschaften in Bezug auf die auftretenden Kräfte. Sowohl bei einer Schnitttiefe von 1,3 mm als auch bei 0,5 mm lag die resultierende Kraft des Keramikwerkstoffs „B“ deutlich unter den Werten für A und C. Ein erfreuliches Ergebnis auch deshalb, weil sich mit dem B-Werkzeug auch die beste Oberflächenqualität erreichen ließ. Für die junge Forscherin Giulia Giovannelli trotzdem erst der Anfang: „Wir betrachten ja hier zunächst nur das Eckfräsen. Beim Nutenfräsen, mit dem das Hauptmuster der Messingplatte eingearbeitet wird, kann es schon wieder ganz anders aussehen.“
Gennaro Teta ist vom Ergebnis begeistert: „Das zeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind und über geeignetes Material verfügen. Als Nächstes geht es darum, den Werkstoff in einem realistischen industriellen Umfeld zu testen, d.h. auf einer anderen Maschine. Dann wird sich herausstellen, ob sich die im Labor ermittelten Werte mit ähnlichen Schneidparametern reproduzieren lassen. Natürlich ist es ein langer Weg bis zum Einsatz in der industriellen Produktion, aber der erste Schritt ist erfolgreich getan.“